Katharina Hochmeir von Union Ohlsdorf beendet internationale Karriere
Zum Abschied aus dem Nationalteam
Katharina Hochmeir im Porträt
Die Meisterin des Cross-Drops sagt dem Nationalteam adé. Mit Quereinsteigerin Katharina Hochmeir verlässt eine großartige Badmintonspielerin das Bundesleistungszentrum. Wir blicken zurück auf eine einzigartige Karriere – die eigentlich erst 2018 begann.
"Einfach durchbeißen", sagt Katharina Hochmeir, wenn's im Training richtig zach wird. Die Schweißlacken sind über den Hallenboden verteilt. Leere Trinkflaschen da, Bananenschalen dort. Der Trainingsbeginn in der Südstadt ist schon zwei Stunden her: Nach ewigen Zwei-gegen-Eins-Übungen folgt intensives Smash-Training. Während andere jammern, betoniert Hochmeir im gegenüberliegenden Halbfeld einen Federball nach dem anderen ein: "Einfach durchbeißen."
Als sich Hochmeir 2018 zum Wechsel in die Südstadt entschied, war Leistungssport neu für sie. Badminton spielte sie schon lange, doch Sportschule, Leistungszentrum und Krafttraining? Fehlanzeige. Vor dem Standort-Wechsel hat die Oberösterreicherin nicht professionell trainiert. "In der Schulzeit habe ich meistens vier Mal pro Woche gespielt", sagt die 26-Jährige. "Krafttraining habe ich in der Zeit noch nie gemacht."
Untypischer Werdegang
Hochmeir wuchs gemeinsam mit ihren Schwestern Elisabeth und Johanna auf dem elterlichen Hof in Ohlsdorf auf. Ein kleiner Bauernhof, einige Schafe, etwa ein duzend Hühner: "Rund ums Haus hat's immer was zu tun gegeben", sagt Hochmeir, die gerne "draußen mitgeholfen hat", wie sie sagt. Am Hof hat sie damals mit ihrem Vater Federball gespielt: die ersten Berührungspunkte zu dem Sport, den sie später jahrelang in Österreich dominieren sollte. Durch die Sommerkurse kommt sie in den Badmintonverein Union Ohlsdorf.
In der Gemeinde mit rund 5 400 Einwohnern ist Badminton Programm. Einer nimmt dabei eine besondere Rolle ein: Josef Retschitzegger. Mit großartigem Engagement baut "Retschi", wie er in der kleinen Gemeinde genannt wird, eine Gemeinschaft in der Halle auf, in der nicht immer die Leistung im Vordergrund steht. Vielmehr ist es die gemeinsame Zeit, der Zusammenhalt und der Spaß. Genau das fesselt Hochmeir am Badminton. "Wir waren immer gemeinsam in der Halle. Oft haben wir auch einfach Hockey, Fußball oder Volleyball gespielt. Das hat uns richtig verbunden", sagt Hochmeir.
Für die Badminton-Expertise in der Jugend war Manuel Rösler zuständig. Hochmeir entwickelte sich zu einer der besten Dameneinzelspielerinnen Österreichs. 2017 wurde sie als 18-jährige Schülerin zur Erwachsenen-Team-Weltmeisterschaft in Australien nominiert. "Dieses Turnier hat mir viel Motivation gegeben weiterzumachen."
Plötzlich Doppelspielerin
2018, nach erfolgreichem Abschluss der HLW Vöcklabruck stand ein Gespräch mit dem damaligen Nationaltrainer Oliver Pongratz an. Er wollte Hochmeir als Doppelspielerin im Nationalteam haben. "Ich habe das gleich mit Retschi besprochen. Und weil ich nicht wusste, was ich sonst machen sollte, dachte ich mir: Probierst du es halt", erinnert sich Hochmeir. Mit dem Wechsel zum Nationalteam hat sich Hochmeirs Trainingspensum von vier auf neun Einheiten erhöht. "Einfach durchbeißen"
Die ersten Jahre am Nationalstützpunkt waren nicht einfach: Sie waren geprägt von emotionalen Abenden und stellten für Hochmeir eine besonders schwierige Zeit dar. Der tödliche Unfall ihrer Freundin Antonia Meinke im Herbst 2018 versetzte die Badmintonszene in Schock und Trauer.
Bei ihrer Familie aber auch in ihrer Sportler-WG in Meidling fand Hochmeir Rückhalt. Heute erinnert sie sich besonders an ihren ehemaligen Trainingspartner und Mitbewohner Michael Giesinger, der in dieser Zeit eine Unterstützung war. Denn sie dachte oft daran, aufzuhören. Giesinger half ihr dabei, weiterzumachen. "Ohne den Giesi hätte ich es vielleicht schon früher gelassen", sagt Hochmeir.
Was kann Hochmeir am Badmintonfeld und was nicht?
Eine Auflistung der größten Erfolge darf hier nicht fehlen: Zwei internationale Titel (Slovak Open 2024, Bulgarian Open 2019), sieben Staatsmeistertitel und fünf Teilnahmen an Europa- oder Weltmeisterschaften konnte Hochmeir, die meistens Kathi genannt wird, in ihrer kurzen, aber intensiven Karriere als Leistungssportlerin erreichen. Was aber ist ihre größte Stärke?
Am Feld spielt die Rechtshänderin sehr initiativ. Der offensive, riskante Spielstil zeichnet sie aus. Hochmeir spielt gerne schnell und kann das Spiel gut lesen. Ihr bester Schlag ist nach eigenen Angaben der Vorhand Cross Schnittdrop. "Wenn der funktioniert, ist er oft ein Punkt. Kann aber auch in die Hose gehen", sagt Hochmeir und schmunzelt.
Ihre größte Schwäche ist das Töten am Netz. Aber warum hat eine der besten Doppelspielerinnen der vergangenen Jahre Probleme mit diesem vermeintlich einfachen Schlag am Netz? Hochmeir klärt auf: "Das Töten habe ich nie wirklich gelernt." Das Leid ihrer Doppelpartner*innen ist Hochmeir bewusst, die verschossenen Elfer macht sie mit ihrem ungemein klugen, explosiven Spiel wieder wett. Diese Schwäche passt genauso wenig zu ihrem Spielstil wie ihre Bespannung zu einem Profi. Ihre Bespannhärte wird im Nationalteam oft belächelt, dafür muss sie ihr Fischernetz seltener neu einfädeln.
Huhn? Hof? Simmering!
Nun möchte Hochmeir sich auf ihre Ausbildung konzentrieren. Mit Juli verabschiedet sie sich aus dem Nationalteam. Den Schläger behält sie jedoch in der Hand: als Spielerin beim WAT Simmering, unter ihrem neuen, alten Trainer Manuel Rösler. Eine Rückkehr nach Ohlsdorf zu Huhn und Hof ist nicht ausgeschlossen. Die nächsten Jahre wird Hochmeir jedoch in Wien bleiben. Oder wie eine alte Bauernweisheit besagt: Liebe zum Leistungssport vergeht, Hektar und Stall besteht.
Alles Gute, liebe Kathi!
Bericht: Gustav Andree